Was im Silicon Valley die Garage, war für Andreas Wendler vor rund 20 Jahren eine Scheune im sächsischen Grüna – sozusagen Saxony Valley. Dort begann für den damals gerade
30-Jährigen sein Unternehmertum im Versteigerungsgewerbe. „Ich wollte unbedingt selbstständig sein“, erzählte er und hatte eigentlich die Gründung eines Pfandleihhauses im Auge. „Aber es war schnell klar, dass das im Osten keinen Sinn macht.“ Die nigelnagelneuen Autos auf den Straßen gehörten in aller Regel Banken, und wer wollte für einen Trabant oder Wartburg Pfandgeld zahlen?
Dass ihm in dieser Zeit ein Mann namens Vonau begegnete, ist aus heutiger Sicht ein riesiges Glück. Denn von ihm kaufte der junge Gründer das Auktionshaus Vonau, das im Prinzip aus Kundenkontakten bestand. Die alte Scheune war gemietet, kalt und zugig. Zwanzig, dreißig, vierzig Fahrzeuge standen anfangs auf den Versteigerungslisten – unter anderen schon damals Positionen von Einlieferern, die heute noch zu treuen Kunden gehören.
Im Jahr 2012 erwarb Andreas Wendler das heutige Firmendomizil auf der Reinecker Straße 6 in Chemnitz, durchlebte schlaflose Nächte wegen des, für damalige Verhältnisse, riesigen Kredits, und zog mit seiner kleinen Mannschaft, bestehend aus ihm und seinem besten Freund Uwe Gessner ein. „Langhaarige Bombenleger“ nannten sie sich scherzhaft, die „rechte und die linke Hand des Teufels“ oder einfach nur „die beiden Verrückten“.
Irgendwie waren sie das auch – mutig und manchmal wagemutig, unermüdlich fleißig, verlässlich und voller Leidenschaft für all diese großen und kleineren orange leuchtenden Kommunalfahrzeuge, die Rettungswagen und Polizeiautos, Feuerwehren und Motorräder, die sie zunächst mit einfachstem Equipment und per Achse vom Einlieferer auf den Vonau-Hof holten. Die Flotte bestand aus einem betagten Transporter mit Anhänger.
Sie müssen alles richtig gemacht haben. Denn sie gewannen immer mehr Kunden: Polizeibehörden, Abfallentsorger, Feuerwehren, Rettungsdienste, Zweckverbände, Kommunen, Unternehmen und private Einlieferer auf der einen Seite. Und treue Käufer auf der anderen. Die kamen alle zwei bis drei Monate zur öffentlichen Versteigerung in eine der Hallen auf der Reineckerstraße 6 – 300 bis 400 Menschen, die auf Schnäppchen hofften.
Rückblickend ein großer Rummel, an den sich Jahre später noch viele Kunden und Helfer gern erinnerten. Doch die Auktionen erforderten auch einen immensen personellen Aufwand, bis tief in die Nacht ging es laut auf dem Hof und der Straße zu, von all den parkenden Autos im Viertel ganz zu schweigen.
Doch das allein hätte Andreas Wendler nicht dazu gebracht, das running system zu ändern. Der Wandel kam erzwungenermaßen mit Corona: Eine Versteigerung zu canceln, das konnte das Unternehmen verkraften. Als jedoch auch zwei Monate später keine Chance darauf bestand, Hunderte Menschen in einem geschlossenen Raum zu versammeln, waren neue Wege gefragt.
Online hieß die Lösung. Völliges Neuland. Aufregend, nervenzehrend, kostspielig, anstrengend, doch erfolgreich. Fotos aus jener Zeit zeugen von den Anfängen – der allerersten Online-Live-Auktion am 27.11.2020: Andreas Wendler wie immer auf seiner Bühne in der großen Halle. Doch vor ihm nicht Hunderte erwartungsfrohe Bieter mit ihren Nummernkarten in den Händen, sondern ein ganz kleiner Kreis Vertrauter: Familie und Mitarbeiter, die sich in einer Reihe vor ihn platziert hatten, mehr der Atmosphäre wegen als wirklich notwendig.
Der Umstieg auf Online-Auktionen erwies sich als starker Katalysator, der den Kundenkreis immens erweiterte und die Reichweite des Unternehmens auch in Hinsicht auf einliefernde Institutionen und Firmen deutlich erhöhte. Das spiegelte sich in den Umsätzen wider und ließ das Unternehmen wachsen.
Eine Entwicklung, die zwei Menschen zu gern begleitet hätten: Andreas Wendlers Vater, Christian, durfte schon den Umzug von besagter Grünaer Scheune nach Chemnitz nicht miterleben. Nach kurzer Krankheit war er 2012 gestorben. Uwe Gessner verließ das Leben im März 2019 nach langer und schwerer Krankheit und stieß vom Himmel aus auf die erste, gelungene Online-Auktion und alle späteren an.
Wenn heute das Versteigerungsteam im Zweistundenrhythmus den Hammer von einem zum anderen gibt, tut es das mit tiefer Bewunderung für das, was Andreas Wendler von klein auf und bis zum Großen geleistet hat: Bis zu neun Stunden lang versteigerte er ohne Ablösung und mit nur kurzen Pausen. Unermüdlich, unterhaltsam und tapfer.
Am 9. Mai 2023 verließ er seine Bühne – nach einer solchen Mammutauktion nur vier Tage zuvor und vierjährigem Krebsleiden. Der Wendler lebt weiter, in der täglichen Arbeit seines Auktionshauses und dessen erfolgreichen Entwicklung. Die Unternehmensgeschichte setzt sich fort und entwirft weitere große Kapitel.
Im Jahr 2025 ist die Auktionshaus Vonau GmbH mit ihrem Team für Behörden, Kommunen und Unternehmen in neun Bundesländern im Einsatz. Das kleine Gespann von einst wurde von einer stattlichen Flotte abgelöst und der Platz des Firmengeländes auf der Reineckerstraße reicht schon längst nicht mehr aus. Vonau wächst und verändert sich und nimmt sich an, was Charles Darwin einst sagte:
»Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.«
Wir freuen uns auf die nächsten Absätze an dieser Stelle, auf neue Episoden, Bilder, Anekdoten, Geschichten und eine große Firmengeschichte.